Blogeintrag zum kritischen Denken

Kritisches Denken: Was ist das überhaupt?

Kritisches Denken ist aktuell wichtiger denn je: Verschwörungstheorien auf der einen Seite, Fake-News auf der Anderen. Und irgendwo dazwischen muss es uns dennoch gelingen, Spreu von Weizen, beziehungsweise Wahrheit von Lüge zu trennen.

Der Mittelweg

Zwei wichtige Begriffe haben uns begleitet: Der Nihilismus und der Dogmatismus. Diese beiden Begriffe beschreiben zwei Extreme, zwischen welchen es einen Mittelweg zu finden gilt. Der Nihilismus beschreibt die Ablehnung jeglicher Wahrheit. Da der Kern des kritischen Denkens darin besteht, die Wahrheit zu finden, ist der Nihilismus aufgrund seiner Ablehnung einer jeden Wahrheit nicht mit dem kritischen Denken vereinbar. Doch auch der Dogmatismus, das Gegenteil des Nihilismus, eckt gegenüber dem kritischen Denken an. Unter dem Begriff Dogma versteht man einen feste Aussage, deren Wahrheitsanspruch als indiskutabel und unumstösslich angesehen wird. Auch der Dogmatismus ist nicht vereinbar mit dem kritischen Denken, da mit dem kritischen Denken zu einem gesunden Mass auch bestehendes hinterfragt werden soll. Und so kristallisiert sich das kritische Denken als Mittelweg zwischen Dogmatismus und Nihilismus heraus: Eine absolute, nicht hinterfragte Wahrheit wird hinterfragt, doch auch das kategorische Ablehnen von Wahrheiten wird nicht praktiziert.

Wir Menschen neigen insbesondere bei unangenehmen Themen dazu, uns die Sachen so auszulegen, dass sie unsere Bedürfnisse zufriedenstellen. Und genau hier kommen die logischen Fehlschlüsse und kognitiven Verzerrungen ins Spiel. Beim kritischen Denken ist es essenziell, diese zu minimieren. Ansonsten verfangen wir uns schnell in einem Netz von Fehlern und Manipulationen. Bei den logischen Fehlschlüssen existieren zwei Subkategorien: die formalen und die informalen Fehlschlüsse. Die formalen Fehlschlüsse betreffen nur die logische Struktur des Arguments, die informalen Fehlschlüsse hingegen dessen inhaltliche Qualität. Beim Abarbeiten des Skripts zum Thema kritisches Denken merkte ich auch selbst bei mir, dass ich mit solchen Fehlschlüssen mehr zu tun habe, als ich bisher angenommen habe. Doch auch die kognitiven Verzerrungen haben noch eine Erläuterung zugute: Sie kommen durch Heuristiken zustande, also durch Methoden, welche trotz begrenztem Wissen und begrenzter Zeit zu praktikablen Lösungen kommen. Heuristiken arbeiten oftmals mit individuellen Schlussfolgerungen, welche logischerweise von der jeweiligen Person abhängig sind und so faktisch komplett falsch sein können, der urhebenden Person aber dennoch das Gefühl geben, nun eine objektive Lösung erhalten zu haben. Kurz gesagt: Mit kognitiven Verzerrungen täuschen wir uns systematisch selber. Die beiden erwähnten Begriffe werde ich nun anhand von einem Beispiel erläutern.

Kritisches Denken in der Anwendung – oder nicht?

Während meinem Praktikum in Poschiavo hatte ich ein spannendes Gespräch mit einem Mitbewohner der Mitarbeiterwohnung des Spitals. Seinen Namen will ich hier nicht nennen. Nach diversen Themenwechseln kamen wir schliesslich beim kritischen Denken an. Wir waren uns auf Anhieb einig, dass kritisches Denken eine sehr wichtige Kompetenz ist, jedoch verstanden wir unter diesem Begriff nicht die gleiche Sache. Im Verlauf des Gesprächs zeige sich nämlich, dass seine Ansichten ganz grundsätzlich den gängigen Mehrheitsmeinungen in unserem Land zu widersprechen scheinen. Coronaimpfung? Salzwasser! Trump? Der beste Präsident, den die USA je hatten! Europa? Eine Kolonie der Amerikaner! Diese Liste liesse sich noch lange weiterführen, praktisch bei allen politischen Aktualitäten ist die Meinung der Beispielperson das genaue Gegenteil der Mehrheitsmeinung. Nun habe ich erwähnt, dass ich die beiden Begriffe kognitive Verzerrung und Heuristik daran aufzeigen will. Zuerst zu den Heuristiken: Ein Beispiel dafür findet sich bei der Aussage, Europa sei eine Kolonie der Amerikaner. Diese Aussage wurde mit dem Argument gestützt, dass das amerikanische Militär viele Basen in ganz Europa habe. Das ist auch korrekt, doch der Fehler findet sich in der Schlussfolgerung: Eine fremde Militärbasis (oder auch ganz viele davon) bedeutet noch lange nicht, dass so eine Kolonie errichtet wurde. Genau dies ist ein Beispielprozess für die Entstehung einer Heuristik: Mit begrenztem Wissen wird dennoch ein akzeptables Ereignis erreicht, welche allfällige Vorurteile – oder auch einen Hang zu Verschwörungstheorien – stützt. Eine Art der kognitiven Verzerrung, welche zu diesem Beispiel passt, heisst Snob-Effekt. Dieser Effekt ist das Gegenteil des weitherum bekannten Mitläufereffekts, und die betroffene Person versucht, sich von anderen abzuheben und einmalig zu erscheinen. Der Snob-Effekt zeigt sich in diesem Beispiel in der Tatsache, dass die Meinung des Betroffenen zu politischen Themen stets das genaue Gegenteil der Mehrheit und der Meinung der Medien darstellt.

Das Verfassen dieses Blogs verlief für mich teilweise etwas schleppend, da die Arbeit daran während einigen Wochen brach lag. Für den zweiten Teil sah ich ursprünglich ein anderes Thema vor, aufgrund meiner Begegnung während der Praktikumswochen verwarf ich diese Idee jedoch. Während der Arbeit reflektierte ich mehrmals meine Gedankengänge, um nicht möglicherweise noch selbst irgendwelchen Verzerrungen zu unterliegen. Als Quelle verwendete ich das Skript und das Internet, KI nutzte ich nicht.